(Dorothee Meer)
Mein Beitrag soll sich auf die aktuellen Transformationen des Energiedispositivs beziehen. Im Rahmen dieser Transformationen geht es darum, das System der Energieversorgung der Bundesrepublik nominell weg von traditionellen fossilen Ressourcen hin zu erneuerbaren Energiequellen zu entwickeln, um auf diesem Weg den diagnostizierten Folgen des Klimawandels zu entgehen. Grundlage meiner Überlegungen bildet ein aktuelles Forschungsprojekt zu "Narrativen von Nachhaltigkeit im medialen Interdiskurs der Bundesrepublik“, in dem es um die narrative Umstrukturierung des diskursiven Umgangs mit Energieressourcen im Zusammenhang mit Fragen der Nachhaltigkeit geht. Hierbei steht im bisherigen Projekt die Frage im Vordergrund, anhand welcher Narrative Energieressourcen diskursiv „gelabelt“ werden (müssen), um als nachhaltig wahrgenommen bzw. verarbeitet werden zu können. Die empirische Grundlage dieses Projekts bildet ein (großes) qualitativen Korpus unterschiedlicher Texte und Textsorten aus überregionalen deutschen Zeitungen/Zeitschriften und von der Medienplattform Twitter in den Jahren 2020 bis 2022.
Bei der Analyse des Korpus zeichnet sich im Hinblick auf Wasserstoff der Versuch ab, diesen als per se nachhaltige Energiequelle („grüner Wasserstoff“) zum Kern einer neuen Energiepolitik werden zu lassen, obgleich unstrittig ist, dass eine umfangreiche Umstellung des Energiedispositivs auf Wasserstoff zum gegenwärtigen Zeitpunkt technisch nur auf der Basis der Nutzung von Gas und Kohle möglich ist. Um diese Tatsache diskursiv und medial nicht als Bruch in den Vordergrund treten zu lassen, finden sich eine Vielzahl von Narrativen, die die realen technischen Möglichkeiten in den Hintergrund treten lassen (wie beispielsweise das „Narrativ der Brückentechnologie“). Aber auch politisch-administrative Entscheidungen (z. B. die Entscheidung der EU, Gas als klimaneutral zu klassifizieren) spielen eine Rolle, indem sie dazu beitragen (sollen), fossile Energiequellen weiterhin nutzen zu können, ohne die Nachhaltigkeit des Gesamtdispositivs in Frage stellen zu müssen.
Insgesamt scheint das angesprochene Energiedispositiv hierbei als Kombination aus alten und neuen Rohstoffen so transformiert zu werden, dass es diskursiv durchgängig über das "Versöhnungsnarrativ von Ökologie und Ökonomie" integriert werden kann. So deuten die bisherigen Forschungsergebnisse darauf hin, dass es bei einer Vielzahl von Prozessen im Rahmen und im Anschluss an den "European Green Deal" darum geht, relevante Formen der Nutzung von Energieressourcen narrativ als 'nachhaltig' zu labeln, um sie damit an existierende (ökonomisch und politisch fundierte) Fortschrittsnarrative koppeln zu können.